K.Ö.N.I.G./K.Ö.N.I.G Dienst am Kunden - Nr. 5
1. Juli 1999
Asier Pérez González, Hinrich Sachs: STADTPLAN - INTERNATIONALE LOKALE
Auf einem Faltplan von Bremen, wie er auch in den Verkaufsstellen der Tourismuszentrale erhältlich ist, verzeichnet dieser neue Stadtplan alle die Lokale in Bremen, die einen Städtenamen führen - von "Athen" über "Hasenbürener Krug" und "Münchener Grillstube" bis "Zagreb".
Die fotografischen Details (die Logos der Lokale) wurden von den Künstlern im April dieses Jahres zusammengetragen.
Diese Arbeit von Hinrich Sachs und Asier Pérez Gonzáles spielt mit der Grenze zwischen "Kunst" und "Nicht-Kunst". Handelsüblichen Produkten zum Verwechseln ähnlich kursiert ihr Plan im öffentlichen Raum. Seine Mimikry-Struktur erschließt sich auf den zweiten Blick, wenn sich Irritationen einstellen.
Er ist somit in einem Bereich von Kunst angesiedelt, dem es nicht darum geht, mit ästhetischen Kategorien zu argumentieren, sondern Bezüge zwischen gesellschaftlichen Feldern herzustellen, deren Strukturen aufzuzeigen.
Der STADTPLAN - INTERNATIONALE LOKALE changiert zwischen verschiedenen Ebenen.
Als nutzbare Informationsquelle ist er ein funktionales Objekt und fädelt sich als solches in den Kreislauf des Konsumieren ein.
Er entwirft ein bestimmtes Bild von Bremen "zwischen lokalem Charme und internationalem Flair" und verweist damit auf eine Marketingstrategie, die jede Stadt anwendet, um ein stilisiertes Bild von sich zu zeigen, sich als Produkt darzustellen. (Daß dieser Plan dennoch nicht von der Bremer Touristik Zentrale vertrieben werden wird, deckt ein anderes Problem auf - das der ökonomischen Interessen.)
Eine andere Ebene ist die des Lesens und der damit verbundenen Assoziationen. Städtenamen, zumal ausländische, enthalten ein "Versprechen": das Erlebnis des Anderen, Fremden, des aufregenden Lebens. So weckt dieses "Städtebild" Sehnsüchte, gespeist aus Erinnerung und Fernweh. Der Blick auf die eigene Stadt verändert sich, das gewohnte Bild wird fremd, vom "Anderswo" überlagert.
Die Logo-Kultur greift dieses Sehnsuchtselement auf und nutzt es, um den Konsumkreislauf in Gang zu halten: auch hier ist das Fremde bereits zu haben, problemlos und billiger.
(Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Stilvergleich zwischen den Designer-Logos und der weitaus größeren Zahl der von den großen Brauereien vorgegebenen Logos.)
Als Gastronomieführer funktioniert der Plan nur bedingt, dies ist auch nicht seine vorrangige Intention. Er lenkt den Blick aber auf die verschiedenen Interessenverbände ausländischer Anbieter und deren soziale Funktion und berührt damit das Problem Globalisierung einerseits/Fremdenfeindlichkeit andererseits.
Hinrich Sachs und Asien Pérez Gonzáles präsentieren ihren Stadtplan im Bremer Lokal „Kairo“ und berichten von den interessanten Erfahrungen, die sie bei der Realisierung ihres Vorhabens machten.
kuratiert von Anne Schlöpke