Horst Müller (*1943 in Bremerhaven, lebt in Bremen) rückt in seinen Arbeiten das ins Zentrum, was unserer Wahrnehmung meist entgeht: unscheinbare Gegenstände, die uns so bekannt geworden sind, dass wir sie übersehen. In Fotoarbeiten, Skulpturen oder Büchern treffen die Dinge wie zufällig aufeinander; sie scheinen gewöhnlich und öffnen doch einen ganz eigenen, poetisch- rätselhaften Kosmos. Wiederkehrendes Motiv im Oeuvre des Künstlers bildet das Prinzip der Dualität: oft sind es zwei Fragmente, die vereint bzw. gedoppelt werden und nur auf sich selber verweisen, als dränge sich der Erfahrung dieser Welt diejenige einer Parallelwelt auf. In seiner Jahresgabe für das Künstlerhaus Bremen gibt ein hochästhetisiertes Doppelauge Rätsel auf. Die Vorlage Lotte(Auge) (1928) des Bauhaus-Fotografen Max Burchartz erhält durch Müllers Bearbeitung neue Bezüge: Das Doppelauge verweist in seiner surrealistisch-konnotierten Doppelung nicht nur auf René Magritte oder Luis Buñuel, sondern auch auf die altägyptische Mythologie. Dort galt das Auge des Gottes Horus als Symbol für Vervollständigung wie Heilung und wurde zum Schutz gegen den Bösen Blick verwendet. Horst Müller Auge, 1998/2001 Offsetdruck 19,6 x 19,6 cm, mit Passepartout 50 x 40 cm Auflage 10 450 €